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Letzte Woche wurde ich von jemandem, der meinen Artikel zum agilen Unternehmen gelesen hat, gefragt, wie wir bei AOE es schaffen, diese agile Kultur zu leben und auch wirtschaftlich zu stemmen. Das Projektgeschäft sei ja bekanntlich hart, von Deadlines und Stints getrieben. Da passe doch Selbstbestimmtheit, Unternehmensdemokratie gar nicht rein. Das stimmt natürlich. Zeit also zu erklären, warum wir uns nicht als Agentur sehen und Projekte nur als Notlösung sehen. Und was unser Businessmodell ist und warum ich denke, dass es wegweisend für die Digitalwirtschaft ist.
Die Wahrheit ist; Wir können Projekte eigentlich gar nicht so gut. Nun ist es natürlich nicht so, dass wir keine erfolgreichen Projekte machen würden, aber vergleicht man uns beispielsweise mit Unternehmen in den USA, die mal eben z. B. zwei bis drei mittlere Magento-Projekte pro Monat durchwuppen, haben wir vergleichsweise wenig Ahnung von Fixed-Preis-Projekten. Das ist auch ok so.
Denn unser Geschäftsmodell basiert nicht auf Projekten, sondern auf Kunden die permanente Teams für ihre strategischen Plattformen über einen längeren Zeitraum einsetzen. Und darin sind wir führend und das können wir wie niemand sonst im Web-Development-Umfeld.
Darum suchen wir denn auch keine Projekte sondern Kunden. Kunden, welche sich überlegen, ob sie eine interne Web-Entwicklungsabteilung aufbauen sollen oder besser durch externe Partner Unterstützung finden. Kunden, welche große, strategische Plattformen aufbauen und nach einem ersten Launch eines Minimal Viable Products alle zwei Wochen neue Funktionalität releasen.
Ein Projekt ist für uns daher immer nur eine Brücke, um mit dem Kunden in eine langfristige Beziehung zu kommen. Ein erster gemeinsamer Gehversuch, der von Anfang an darauf ausgelegt ist, das Projektteam nach dem Projekt in möglichst gleichem oder größerem Umfang für den Kunden weiter arbeiten zu lassen.
Während wir das unseren potenziellen Kunden bis vor einem Jahr eher zögerlich kommunizierten, ist unser strategisches Mindset mittlerweile gereift. So habe ich vor zwei Wochen mit Kian Gould, unserem CEO und Founder, einen potenziellen Kunden besucht. Nachdem wir einen Vormittag lang mit den Kundenvertretern über ihre Anforderungen sprachen; darüber, wie wir ein Team zusammenstellen werden, dass wir nur T&M als Contract akzeptieren werden und, dass wir der Meinung seien, dass sie ein Team für zwei Jahre engagieren sollten, platzte es aus Kian raus:
Das war aus traditioneller Sales-Sicht ziemlich gewagt (nach 10+ Tagen Vorbereitungszeit, vierstündigen Flügen und einer mehr oder minder schlaflosen Nacht im Hotelzimmer...), aber es war ehrlich. Und nach einer Sekunde Stille im Raum (die sich wesentlich länger anfühlte) ist der Kunde darauf eingestiegen. Und wir haben ihm unser Konzept näher gebracht:
Wir glauben, dass ein gutes Team für ein Projekt der wichtigste Erfolgsfaktor ist. Das Team muss die richtigen Skills mitbringen, es muss Verantwortung übernehmen und mit Begeisterung für den Kunden da sein. Es muss aber auch ein Leben neben der Arbeit haben können und einen guten Teamgeist pflegen. Das ist nichts, was mal so eben zusammengewürfelt werden kann und auch nichts was man in drei bis vier Monaten perfektioniert. Die besten Teams bei uns sind alle schon mindesten sechs Monate zusammen. Was wir da an Output, Qualität und Velocity sehen ist ohne Vergleich. Sie arbeiten denn auch nicht an einem Projekt mit fest abgestecktem Timing und Scope, sondern kontinuierlich an einer Plattform. Wie diese weiterentwickelt wird entscheidet der Kunde - und nicht selten entscheidet das Team in gewisser Weise mit.
Das Team-Modell funktioniert denn auch nur wenn man mit einer agilen Methode arbeitet. Und hier kommt unsere zweite Stärke zum Tragen; wir arbeiten ausschließlich agil nach Scrum. Unsere Teams (nicht grösser als acht Personen) arbeiten in zusammen mit dem Kunden definierten Sprints User-Stories aus dem Backlog ab und releasen in der Regel alle zwei Wochen neue Funktionalität. So ist der Kunde in der Lage selbst zu bestimmen, welche Features und welche Pace er gehen möchte. Wir denken, dass Agilität ein zentraler Erfolgsfaktor in der Digitalen Transformation ist. Dies geben wir unseren Kunden mit der "Method" in die Hand und natürlich schulen wir den Kunden und sorgen dafür das agil auch richtig gemacht wird, denn richtige agile Entwicklung haben wir fast noch nie gesehen, meist sehen wir Wasserfall mit Standups und Retros.
In traditionellen Internetagenturen ist die Abrechnung nach T&M also nach Time und Material das absolute Wunschszenario. Man stellt sich das so vor, dass man einfach alles abrechnen kann und ein Projekt automatisch rentiere. Ganz ehrlich, ich denke das ist reichlich romantisch. Der Kunde versteht darunter meistens eine Abrechnung nach Aufwand mit Kostendach. Die Agentur wird genau gleich in die Pflicht genommen wie bei einem Fixpreiskontrakt.
Team & Method ist denn auch keine Carte Blanche und soll sie auch nicht sein. Wir wollen ja mit und für den Kunden erfolgreich sein. Das ist immer ein Miteinander.
Vielmehr ermöglicht Team & Method dem Kunden große und komplexe Softwareprodukte zu entwickeln und dabei von den Vorteilen eines gut eingespielten Teams und von klar kalkulierbaren Kosten zu profitieren. Denn dem vorhin erwähnten Kunden haben wir ganz einfach ein Team von acht Leuten für die Dauer von 18 Monaten angeboten. Das ist der Zeitrahmen den wir für realistisch halten, um das Produkt in allen Release-Stufen umzusetzen.
Dass er genau das dann mit diesen rund 2.800 Personentagen auch tun wird ist unwahrscheinlich. Der Kunde wird vielmehr auf dem Weg herausfinden, dass andere Features als im ursprünglichen Pflichtenheft festgehalten, wichtiger sind. Und er wird, dank "Method", diese auch umsetzen können. Dies ganz ohne Vertragsneuverhandlungen oder Change Requests oder große und lange Planning-Meetings. Er wird es mit dem Team einfach machen. Und dabei Geld sparen; aus Erfahrung wissen wir, dass in traditionellen Fixpreisprojekten auf ein Team von sechs bis acht Personen eine Person fast ausschließlich für vertragliche Abstimmung und Koordination benötigt wird. Diese Zeit wird im "Team & Method" Modell komplett eingespart und steht für tatsächliche Umsetzung zur Verfügung.
Viele werden sagen, das ist für uns nicht möglich, wir haben keine großen Projektanfragen. Das stimmt natürlich in gewisser Weise. Ein neues Team braucht immer eine gewisse Storming-Phase. Nur, das ist ja beim klassischen Projektgeschäft nicht anders.
Für uns als Software-Dienstleister ist dieses Business Model ein Gewinn. Wir kriegen durch die langfristigen Contracts viel mehr Stabilität ins Geschäft als unsere Konkurrenten. Durch die Fokussierung aufs Kundengeschäft anstatt aufs Projektgeschäft, bauen wir langfristige Kundenbeziehungen auf. Ein Team das dem Kunden viel bringt, baut der Kunde nur sehr ungern ab. Im Grunde genommen ist das der Treiber für unser starkes, überdurchschnittliches Wachstum der letzten Jahre. Und Qualität, bedingungslose Qualität.
Gleichwohl denke ich, dass unser Model wegweisend für die gesamte Branche sein kann. Es gibt viel zu viel Quick & Dirty und viel zu viele Mitarbeiter, die verbrannt werden. Der Leidtragende ist immer der Kunde, denn die Agentur schafft es irgendwie profitabel zu bleiben, die Mitarbeiter wechseln einfach die Stelle. Die Kunden bleiben aber auf der Strecke: Mit fahlen Projekten, nicht ausbaubaren Lösungen, unsicheren Plattformen.
Ich denke, das Modell ist auch wegweisend, weil es eben immer drei Gewinner schafft; zum einen den Kunden, der mit der Freiheit eines eigenen Teams gute Plattformen baut; der Mitarbeiter, der spannende Arbeit in einem guten sozialen Umfeld leistet; und die Agentur, die wirtschaftlich viel stabiler agieren kann.
Ich bin überzeugt, dass man dieses Modell auch in Agenturen mit kleineren Kunden gut umsetzen könnte. Nach zehn bis zwanzig Jahren Projektgeschäft fällt ein solch fundamentaler Change schwierig. Für uns in der AOE kann ich sagen, dass wir gerade auf bestem Wege sind, diesen Change zu schaffen.