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Softwareentwicklungsprojekte können in unterschiedlichen vertraglichen Konstrukten durchgeführt werden. Bei AOE bevorzugen wir „Team and Method“-Verträge. Auch deshalb, weil Kunden nur so von Erfahrungskurveneffekten profitieren können. Hier erkläre ich, warum das so ist.
Eigentlich darf das Konzept der Erfahrungskurve niemanden überraschen. Im Kern besagt es: Je mehr Erfahrung ein Unternehmen mit der Herstellung eines Guts hat, umso effizienter weiß es dieses herzustellen. Als Daumenregel gilt: Verdoppelt ein Unternehmen die kumulierte Produktionsmenge, sinken die Stückkosten um 20 bis 30 Prozent. Insbesondere die Boston Consulting Group hat diesen Effekt in den 1970er Jahren empirisch nachweisen können.
Zurückzuführen ist der Erfahrungskurveneffekt wohl auf mehrere Faktoren. Zum einen tritt mit jedem produzierten Stück ein zusätzlicher Lerneffekt ein – die Mitarbeiter und die Organisation lernen, Prozesse effizienter auszuführen. Zum anderen führt Wachstum zu Spezialisierung, die wiederum den Lerneffekt verstärkt: eine Person, die acht Stunden lang zwei Aufgaben nachgeht, sammelt in beiden Tätigkeiten nur halb so viel Erfahrung, wie zwei Personen, die acht Stunden lang einer Aufgabe nachgehen.
Aufgrund dieses Effekts haben produzierende Industrieunternehmen ein großes Interesse daran, möglichst schnell einen hohen Marktanteil zu erringen, da so in kürzerer Zeit höhere Ausbringungsmengen erreicht werden. Hohe Marktanteile und Ausbringungsmengen ermöglichen dem Unternehmen, ihren Kunden günstigere Preise anbieten zu können. So können sie weitere Marktanteile gewinnen oder Markteintrittsbarrieren für Konkurrenten schaffen – oder höhere Margen erwirtschaften. Ein hoher Marktanteil an sich bietet in diesem Kontext also schon einen strategischen Wettbewerbsvorteil.
Nun schrauben wir als Software- und IT-Dienstleister keine Kugelschreiber zusammen. Jedes Projekt ist anders und erfordert die Kreativität jedes Mitarbeiters. Erfolgreiche Projekte leben gerade davon, dass wir mit cross-funktionalen Teams arbeiten und nur selten reine Spezialisten einsetzen.
Gibt es einen Erfahrungskurveneffekt bei Softwaredienstleistungen also überhaupt?
Zumindest das Phasenmodell der Teambildung von Tuckman spricht schon sehr dafür. Ein Team kann die Performing-Phase schließlich nur über gemeinsam gesammelte Erfahrung erreichen. Die „produzierte Menge“ ist hier also die Summe der gemeinsam geleisteten Projektstunden oder Sprints.
Die Folge? Das Team kann das Produkt schneller oder in höherer Qualität liefern – oder beides.
In klassischen Festpreisprojekten (man liefert Anforderungen A-F für Betrag X) profitiert der Kunde von diesen Effekten aber nicht. Der Dienstleister hat schließlich dadurch, dass der Preis vorher feststeht, einen gigantischen Anreiz die Kosten zu drücken. Das funktioniert nur, indem auf Kosten der Qualität Features in einer möglichst kurzen Zeit entwickelt werden – unabhängig von deren Sinnhaftigkeit.
Erfahrungskurveneffekte in Festpreis-Verträgen bieten also große ökonomische Anreize ein Produkt mit schlechter Qualität auszuliefern.
Auch das ist ein Grund, wieso wir in erster Linie mit „Team and Method“-Verträgen arbeiten, bei dem vor allem der Scope variabel bleibt.
In diesem Fall profitiert der Kunde massiv von den Erfahrungskurveneffekten des Teams: Er kann im Projektverlauf entscheiden, ob er die Qualität erhöhen oder einen größeren Scope in ein Release nimmt – ohne, dass der Dienstleister dabei an der Marge dreht.
Aus Anbietersicht entsteht – neben der Sicherheit einer vorher definierten Marge – eine andere Stärke des Konstrukts: Das Team kann wirklich Teil des Kunden werden, weil dieser ein verstärktes Interesse an dessen Performance hat. Plötzlich entsteht zwischen beiden Parteien kein Kunden-Dienstleisterverhältnis, sondern eine echte Partnerschaft – ohne große Mühen, alleine durch die strukturellen Rahmenbedingungen.
Wer „Customer collaboration over contract negotiation“ ernst meint, kann eigentlich nur mit „Team and Method“-Verträgen arbeiten.