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Ich mag mich noch gut erinnern an die endlosen Diskussionen, die ich vor 15 Jahren mit Kunden zum Thema Open Source hatte. Open Source sei „unsicher“, „unfertig“, „un-alles“. Die IT-Abteilungen, damals in der Hauptsache verantwortlich für E-Business-Projekte, konnten und wollten sich nicht so recht vorstellen, dass eine Software deren Code öffentlich und meist vollkommen frei verfügbar war, überhaupt für ihr Unternehmen etwas Wert sein könnte.
Und so gaben sie meist enorm viel Geld für sehr mittelmäßige Software aus. Vor allem im CMS-Bereich, der wie keine andere Gattung, das Web-Dienstleistungsbusiness in den Nullerjahren dominierte. Meine Lieblingsfrage der Kunden aus dieser Zeit:
Auf der anderen Seite standen die Entwickler von Open Source Software, die meist enorme ideologische Bögen spannten und sich als Teil einer Bewegung verstanden, die mittels des Internets die Gesellschaft von einengenden Konventionen befreite.
Beide Gruppen zueinander zu bringen, schien ein Ding der Unmöglichkeit. Auf der anderen Seite war aber auch klar, dass beide Seiten, die vornehmlich ökonomisch denkenden Kunden und die ideologisch orientierten Entwickler, einander langfristig brauchen. Der Grund ist, wie oft, erstaunlich simpel: Es ist das Geld.
Denn Unternehmen können mit Open Source Software für dasselbe Geld viel mehr Software erhalten als bei proprietären Lösungen. Und Open Source Developer sind dem sorglosen Jugendalter entwichen und sahen und sehen sich mit Hypotheken und Familienunterhalt konfrontiert. Diese Entwicklung war absehbar.
Ich hatte damals die Vision einen internationalen Open Source Software-Dienstleister aufzubauen, was aber aus verschiedenen Gründen nicht so richtig durchschlagen wollte – weswegen ich mein damaliges Unternehmen verließ. Kian Gould, Gründer und CEO von AOE hatte denselben Plan, und ein wesentlich besseres Händchen. Als ich 2012 zu AOE stieß, war die Firma bereits mehr als 100 Leute groß und hatte Projekte und Kunden rund um den Globus.
Es ist die Erfolgsgeschichte einer großartigen Firma, es ist aber auch die Erfolgsgeschichte von Open Source. Denn in den letzten Jahren sind die Bedenken von großen Unternehmen gegenüber Open Source nahezu komplett verschwunden.
Das heißt nicht, dass proprietäre Software verschwunden wäre, aber der Anteil der Open Source Produkte ist mittlerweile erheblich. Praktisch in jedem Bereich der Digitalen Wirtschaft gibt es ernst zu nehmende Open Source Alternativen. In vielen Bereichen sind Open Source-basierte Produkte Marktführer.
Und das Verhältnis von eingefleischten Open Source „Community-Mitgliedern“ zu Geld hat sich fundamental geändert. Es wird heute verstanden, das Geld notwendig ist, um Open Source Projekte weiter zu bringen.
Dieser gedankliche Übergangsprozess war indes nicht so einfach. Ich habe das hautnah erlebt, als ich in der TYPO3 Community die Idee eines kommerziellen, operativen Arms angestoßen habe. Die Diskussionen rund um diese Idee, eine Firma, die Professional Services und Marketing für das TYPO3-Ökosystem gegen Geld erbringt, hätten diverser nicht sein können. Ich wurde als Totengräber des Spirits verdammt und als Heilsbringer ja fast schon verehrt. Meist im selben Workshop.
Dabei war eigentlich schon 2012 klar, dass es so etwas längerfristig geben muss um die Beziehung zwischen der Wirtschaft und einer Open Source Community zu formalisieren und entsprechend Geld für die Weiterentwicklung abzuschöpfen. Denn die Situation hätte absurder nicht sein können: Auf eine weltweiten Wertschöpfung von rund vier Milliarden Euro mit TYPO3 kamen im Verein der TYPO3 Association nur rund 700.000 Euro jährlich zusammen. Viel zu wenig, um eine vernünftige Weiterentwicklung und Vermarktung auf globaler Ebene zu stemmen.
Jetzt wo aus dieser Idee das Start-up TYPO3 GmbH entstanden ist und sich erste Erfolge abzeichnen, wird klar, dass dies der richtige Weg ist. Ich glaube, so funktioniert Open Source heutzutage.
Wenn es jemals so etwas wie einen Kampf zwischen dem Open Source- und proprietären Modell gegeben hat, muss man feststellen, dass sich unter dem Strich Open Source durchgesetzt hat. Denn die allermeisten proprietären Softwareprodukte nutzen mittlerweile auch Open Source Komponenten.
Was wir daher sehen, ist nicht eine „Gewinner/Verlierer“ Situation, vielmehr ist es so, so denke ich, dass sich „Open Source“ und „proprietär“ langsam aber sicher „verschmelzen“. Das lässt sich zum Beispiel daran erkennen, wie ehemals „Super-proprietäre“ Player wie Microsoft sich stark im Open Source Bereich engagieren.
Eines der grundlegenden Missverständnisse in Bezug auf Open Source Software ist, dass diese komplett kostenlos sei. Lange galt: Wenn der Code nichts kostet, sollte auch alles andere nicht viel kosten. In der Open Source Welt gibt es darum den Spruch, dass Free Open Source Software nicht „Free as in free Beer“, sondern „Free as in free Speech“ sei.
Auch dieses Prinzip weicht sich immer mehr auf. Viele Anbieter schaffen durchaus strenge Businessmodelle rund um Ihre Open Source Software. Das klassische Geschäftsmodell gibt es nicht. Und ich behaupte, das ist gut so.
Denn ich denke, der Austausch der Information ist ein natürliches Bedürfnis des Menschen und bringt uns alle weiter. Auf der anderen Seite sollten die Beteiligten, welche diese Möglichkeiten schaffen, auch entsprechend finanziert werden. Nicht aus schlichten ökonomischen Gründen, sondern hauptsächlich darum, damit sie ihre Arbeit fortsetzen können.
Bedenken gegenüber Open Source Software treffe ich hingegen nur noch sehr selten an. Im Gegenteil, meist ist Open Source Software bereits Bedingung. Und das ist gut so.